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AutorenbildVeronika Barczak

Weisheit

Was zeichnet Weisheit aus?



Vereinfacht gesagt ist das die Fähigkeit, mit sich selbst im Reinen zu sein. Weise Menschen haben keine oder nur noch wenig Selbstbestätigung nötig. Sie können sich und andere akzeptieren und fühlen sich ihnen, ja der ganzen Welt verbunden.


Von der Praxis für innere Weisheit

"Innere Weisheit bezieht sich auf das tiefe Verständnis, die Einsicht und das Wissen, das eine Person über sich selbst, das Leben und die Welt entwickelt. Es ist eine Art von Weisheit, die aus persönlicher Erfahrung, Reflexion, Selbstbeobachtung und innerem Wachstum resultiert. Innere Weisheit kann nicht einfach aus Büchern oder äusseren Quellen erlernt werden, sondern entsteht aus dem Prozess des Selbstentdeckens und der Auseinandersetzung mit den eigenen Gedanken, Emotionen und Erfahrungen."


Wenn wir unsere alten Überzeugungen und Konditionierungen freilassen und transformieren, entfaltet sich in eine Kraft der Selbstbestimmtheit und der Lebensfreude.

Menschen streben nach Weisheit. Bereits Jahrtausende vor den antiken griechischen Philosophen fragten sich die Bewohner des Vorderen Orients, was Weisheit ist und was ein weises Leben ausmacht. Einige ihrer Überlegungen hielten sie auf Tontafeln fest, die bis heute überdauerten. Seit etwa vierzig Jahren erforscht auch die Psychologie Weisheit. Statt Tontafeln bevorzugt sie Handbücher, um dort Einsichten wie die folgenden festzuhalten.

1. Weises Denken

Der deutsche Psychologe Paul Baltes (1939–2006) und seine Kollegen und Kolleginnen am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung gelten als die Pioniere der Weisheitsforschung. Sie definieren Weisheit als „Expertenwissen in Bezug auf die fundamentalen Tatsachen des menschlichen Lebens“. Und wie macht sich dieses Expertenwissen im Alltag bemerkbar?

PERSÖNLICHKEITSPSYCHOLOGIE

Welche Persönlichkeit haben Sie?

Ein weiser Mensch setzt sich sowohl mit kleinen Problemen als auch schwierigen Lebensfragen überlegt auseinander. Er verlässt sich dabei auf Einsichten aus seinen früheren Erfahrungen und auf das Wissen, das er im Laufe seines Lebens gewonnen hat. Außerdem betrachtet er eine Situation aus verschiedenen Perspektiven. Auch lässt eine weise Person andere Meinungen und Überzeugungen neben der eigenen zu. Sie kann auch zugeben, wenn andere im Recht sind und sie selbst falsch liegt. Ein weiser Mensch weiß also um seine Grenzen – und akzeptiert sie. Weisheit ist in tief gehender und anhaltender Selbstreflexion verwurzelt.

2. Weises (Mit-)Fühlen

„Weise Menschen sind sich ihrer Emotionen bewusst.“ Das schreibt Judith Glück von der Universität Klagenfurt. Weise Menschen verdrängen ihre Emotionen nicht. Sie setzen sich mit ihnen auseinander – nutzen sie gar als Hinweise und Denkanstösse, etwa um festzustellen, ob sie etwas an ihrem Alltag ändern möchten und wie sie sich verhalten sollten. Weisheit bedeutet auch, wohlwollend gegenüber seinen Mitmenschen zu sein.

„Altruismus und Empathie scheinen eng mit Weisheit verbunden“, sagt Glück. Diese und andere Beobachtungen gewinnen die Forschenden aus Umfragen und experimentellen Studien. Sie konfrontieren ihre Freiwilligen beispielsweise mit heiklen Szenarien wie diesem: Eine Fünfzehnjährige möchte von daheim ausziehen – was könnte man bedenken und tun? Die Freiwilligen denken laut über die fiktive Herausforderung nach. Die Forschenden werten dann diese Denkprotokolle nach vorher fest­gelegten Kriterien aus.

3. Weisheit und Alter

Es gibt extravertierte und introvertierte, verträgliche und rücksichtslose Menschen – aber gibt es auch einen weisen Persönlichkeitstypus? Das scheint eher nicht der Fall zu sein. Lebenserfahrung ist grundlegend für ein weises Denken und Handeln. Deshalb scheint Weisheit eher eine Eigenschaft, die man im Laufe seines Lebens allmählich entwickelt. Die meisten von uns betrachten Menschen von 50 bis 70 Jahren am ehesten als weise. Aber nicht jede Person wird es mit dem zunehmenden Alter tatsächlich.

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Zu den von der Forschung ermittelten Faktoren, die die Entwicklung zu einem weisen Menschen begünstigen, zählen die allgemeine und die soziale Intelligenz und die Offenheit für neue Erfahrungen. Diese drei fördern die Selbstreflexion und den Erfahrungsschatz. Auch der Beruf scheint eine Rolle zu spielen: Wer dort anderen als Mentorin oder Mentor beiseite steht oder einer ähnlichen sozialen Tätigkeit nachgeht, entwickelt häufiger Weisheit.

4. Weisheit und Kultur

Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen teilen im Grossen und Ganzen dieselbe Vorstellung von Weisheit. Aber Forschende dokumentieren auch kleine Unterschiede: Je nach Tradition wird eine andere Facette der Weisheit hervorgehoben. Grundschulkinder im Iran und in Österreich empfinden weise Menschen als klug und gutherzig. Aber im Gegensatz zu den österreichischen erwähnten die iranischen Kinder, dass Weise sich an Normen und Regeln halten. In einer anderen Studie betonten jüdische Teilnehmer und Teilnehmerinnen, dass ein weiser Mensch viel weiss, während muslimische Freiwillige eine weise Person häufiger als fürsorglich beschrieben.

Solche feinen Unterschiede werden unter anderem mithilfe vielschichtiger Fragebögen ermittelt. Die Forscherinnen und Forscher wollen von den Befragten beispielsweise wissen: Wen würden Sie als weise bezeichnen? Welche Eigenschaften assoziieren Sie mit Weisheit? Wann haben Sie selbst sich weise verhalten? Wen halten Sie für weise und wieso? Forschende stellten diese Fragen unter anderem auch Menschen in Uganda, die in ihrem Leben immer wieder mit lebensbedrohlichen Situationen wie Ernteausfällen und Hungersnöten konfrontiert werden. Für diese Befragten ist ein weiser Mensch auch jemand, der seine Familie am Leben halten kann.

5. Weisheit und Wohlbefinden

Weisheit kommt Menschen aber nicht nur in schwierigen Lebenssituationen zugute – sie scheint auch zum Wohlbefinden einer Person beitragen zu können. Dafür haben Forschende mehrere Erklärungsansätze. Beispielsweise wissen weise Menschen ihr Leben womöglich stärker zu schätzen, als es ihre Mitmenschen tun – und empfinden Dankbarkeit, die wiederum das Wohlbefinden fördert.

Die Akzeptanz der Lebenssituation, auch wenn sie bisweilen nicht einfach ist, könnte ebenfalls ein wichtiger Grund für das Wohlbefinden sein: Weise Menschen hadern weniger mit Gegebenheiten, die sie nicht ändern können. Dadurch ersparen sie sich ängstigende und deprimierende Grübeleien, die zu nichts führen.

„Ein anderer Grund für die Zufriedenheit weiser Menschen ist vielleicht das Selbstmitgefühl“, schreibt Monika Ardelt von der University of Florida. Dazu gehört die Erkenntnis, dass Fehler machen und Scheitern grundlegende Bestandteile des menschlichen Lebens sind. So fällt es weisen Menschen leichter, ein gesundes wie hilfreiches Gleichgewicht herzustellen: Sie machen sich zwar Gedanken über ihre Fehler und Unzulänglichkeiten, ziehen jedoch eine Lehre aus ihnen und akzeptieren sie. So sind sie nicht nur gegenüber künftigen Herausforderungen besser ausgerüstet, sondern in sich selbst gefestigter – und zufriedener.

Literatur

Robert J. Sternberg, Judith Glück: Wisdom. The Psychology of Wise Thoughts, Words, and Deeds. Cambridge University Press 2021

Robert J. Sternberg, Judith Glück (Hg.): The Cambridge Handbook of Wisdom. Cambridge University Press 2019





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2 Comments

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Guest
Oct 20
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Ich wusste nicht das Weisheit so konkret sein kann. ☺️

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Guest
Oct 20
Rated 5 out of 5 stars.

spannend, so habe ich das noch nie gesehen

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